Bericht aus der Kantonsratssession vom 12., 13. und 19. Dezember 2016

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Montag 12. Dezember 2016

Die Traktandenliste dieser Session ist hier ersichtlich: traktandenliste-kantonsrat-luzern-dezember-2016

Demonstration vor Regierungsgebäude 12.12.2016

Demonstration vor Regierungsgebäude 12.12.2016

Die Begrüssung der Kantonsräte vor dem Regierungsgebäude war fuliminant: Etwa 500 demonstrierende Menschen mit Lärminstrumenten wie Pfeifen, Pfannen, etc. „begrüssten“ jene Kantonsratsmitglieder, die es wagten, den Haupteingang zu benützen. Allen Feiglingen, die sich im Hintereingang einschlichen, entging dieses Schauspiel. Super dass so vielen Menschen für Ihren Standpunkt demonstrierten. Hier der Einzug der SP Fraktion

Der erste Tag im Rat ist sehr hektisch für mich. Daher kann ich nicht zu allen Geschäften einen Kommentar abgeben.

Gleich zu Beginn vertrat ich in Traktandum 3 die Meinung der SP zur Anpassungen im Kindes- und Erwachsenenschutzrecht; Entwurf Änderung des Einführungsgesetzes zum Schweizerischen Zivilgesetzbuch, 2. Lesung (Botschaft B 50). Hier mein Votum:

Unser Fazit aus der 1. Lesung dieser Botschaft lautete: Im Grossen und Ganzen sind die Anpassungen dieses Gesetzes sinnvoll. Insbesondere die Regelung der Einzelzuständigkeiten bringt den KESB-Organisationen eine spürbare Effizienzsteigerung und wird von diesen auch getragen.

Nachträglich ist nun eine weitere Grundsatzfrage aufgetaucht, die einer Lösung bedarf. Nämlich folgende: Sollen die KESB automatisch Zugriff auf die Sozialversicherungsnummern (früher AHV-Nummern) ihres Klientels haben? Diese Nummer dient  zur genauen Identifikation der zu betreuenden Personen. Auf Anfrage bei den Gemeindebehörden werden diese Nummern der KESB schon heute bekannt gegeben. Allerdings ohne eine gesetzliche Grundlage. Genau diese gesetzliche Grundlage gilt es hier zu schaffen.

Opposition dagegen entstand aus Sicht des Datenschutzes. Insbesondere der Datenschützer des Bundes sieht die Weitergabe der Sozialversicherungsnummer kritisch. Er befürchtet, dass im Falle eines Missbrauchs ein Persönlichkeitsprofil für die jeweiligen Personen leichter erstellt werden können. Der Datenschützer hat deshalb den Bundesrat ersucht, einen Grundsatzentscheid zur Weitergabe dieser Nummer zu erarbeiten. Der ist noch nicht gefallen, daher steht unserer Gesetzesänderung zu diesem Punkt nichts im Wege.

Wir anerkennen die Bedenken aus Sicht des Datenschutzes. Und wir setzen uns auch in diesem Rat immer für genügend Ressourcen des kantonalen Datenschützers ein.

Die SP ist aber auch der Meinung, dass die hier vorgesehene gesetzliche Regelung aus rein praktischen Gründen Sinn macht. Einer schon heute gelebten Praxis wird die gesetzliche Grundlage gegeben. Denn so oder so kommen die KESB zu der für sie wichtigen Sozialversicherungsnummer. Dadurch wird diese Nummer aber nicht automatisch öffentlicher. Denn auch die KESB unterstehen dem Amtsgeheimnis.

Deshalb wird die SP Fraktion der Botschaft B 50 mit der zusätzlichen Bestimmung zustimmen.

Das Geschäft wurde mit 110 Ja zu 3 Enthaltungen angenommen.

 

Und dann geht es gleich weiter in Traktandum 4 zum Thema Einzelrichterinnen und Einzelrichter in Strafverfahren an den erstinstanzlichen Gerichten; Teilrevision Justizgesetz, 2. Lesung (Botschaft B 54) . Mein Votum dazu:

Inhaltlich hat sich in dieser Teilrevision des Justizgesetzes gegenüber der 1. Lesung nur die Inkraftsetzung geändert. Dies ist für die SP in Ordnung.

Nach wie vor sehen wir aber eine grosse Gefahr in der Änderung von der Dreierbesetzung zur Einzelrichterkompetenz bei erstinstanzlichen Gerichten im Kanton Luzern. Auch wenn diese nun nicht auf 2 Jahre sondern nur auf 1 Jahr Strafmass ausgeweitet wird.

Denn, je grösser der Eingriff in die persönliche Freiheit ist, desto breiter muss die Urteilsfindung abgestützt ausfallen. Persönliche Ansichten, persönliche Moralvorstellungen und politische Einstellungen dürfen nicht massgebend bei der Rechtsprechung sein. Auch wenn wir überzeugt sind, dass unsere Richterpersonen nach diesem Prinzip richten, ganz ausgeschlossen werden können persönliche Einstellungen auch bei diesen Personen nicht. Denn wie ich schon in der 1. Lesung betont habe, ist Richten nach wie vor auch ein politisches Amt.

Weiterhin sehen wir die Gefahr von sehr weit auseinander triftenden Gerichtsurteilen bei Einzelrichtenden als sehr gross an. Dies ist bei einem Dreiergremium weniger der Fall. Hier bilden 3 Meinungen schlussendlich das Urteil. Dies ist besonders wichtig, weil die Richtenden keinem Weisungsrecht unterstehen.

Wir befürchten auch weiterhin, dass eine Ausweitung der Einzelrichterkompetenz der Akzeptanz der Urteile schadet. Mit der Folge, dass Urteile vermehrt ans Kantonsgericht weitergezogen werden. Mit allen finanziellen Folgen für den Kanton und die Betroffenen. Der gewünschte Effekt, finanziell und personell, würde so wirkungslos verpuffen.

Aus diesen Gründen lehnen wir auch eine Erweiterung der Einzelrichterkompetenz auf 1 Jahr ab. Wir sind überzeugt, dass sich die heutige Praxis gut bewährt. Für uns ist es wichtiger, dem Gericht genügend Ressourcen zur Verfügung zu stellen, damit sie auch in Zukunft ihr Amt in Würde und Gerechtigkeit ausüben können.

Dieses Geschäft wurde gegen die Stimmen der SP und Grünen mit 87 zu 17 bei 1 Enthaltung angenommen.

 

Dann, ab Traktandum 5 bis 24 beginnt die Diskussion über das Konsolidierungsprogramm 2017 (KP17); Entwürfe von Gesetzesänderungen und andere Massnahmen im Rahmen des Projekts (Botschaft B 55).

Gerne verweise ich auf den Live-Ticker von zentralplus.

Hier habe ich nur zu einer Massnahme ein Votum zu halten, bei der ein Ablehnungsanterag steht (Traktandum 12, B 55 H): Änderung des Einführungsgesetzes zum Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs (Zusammenführung der vier Konkursämter zu einem Amt an 1-2 zentralen Standorten) . Dieser Antrag kommt von der SVP und überraschenderweise von der CVP, die beide den Kantonsgerichtspräsidenten zitieren. Dieser meint, das sei kein Sparpaket. Es gebe hier nichts zu sparen. Unserer Meinung nach geht es hier einzig und allein um ein Einzelinteresse, das geschützt wird (Gärtchendenken). Hier mein Votum:

Wir sind erstaunt, dass die CVP und die SVP für den Kantonsgerichtspräsidenten spricht. Umso mehr, als er gar nicht anwesend ist.

Heute gibt es im Kanton Luzern 4 Konkurskreise. Die Konkursämter Luzern, Kriens und Hochdorf werden auf Rechnung des Kantons geführt. Ein allfälliger Überschuss fliesst also in die Kasse des Kantons. Jenes von Luzern West wird im Sportelsystem geführt. Das bedeutet, es fliesst ein allfälliger Überschuss in die Kasse der ausführenden Person respektive seiner Firma.

Diese Massnahme verlangt nun, dass auch das Konkursamt Luzern West auf Staatsrechnung geführt wird. Dadurch können die Konkurskreise im Kanton Luzern von heute 4 auf einen Kreis mit zwei vorgesehenen Standorten reduziert werden.

Einsparmassnahmen ergeben sich im Infrastrukturbereich und auf der Führungsebene. Ein weiterer Vorteil ist die flexiblere Einsetzung der Mitarbeitenden, die allerdings sozialverträglich gestaltet werden muss.

Aus unserer Sicht sind dies alles gut nachvollziehbare Gründe für diese Massnahme. Ein Leistungsabbau findet dadurch nicht statt. Allerdings könnten einige ihr Gärtchen aufgeben müssen. Das dies schmerz, verstehe ich. Doch steht für mich das Allgemeinwohl vor demjenigen einiger weniger.

Die SP Fraktion opponiert dem Antrag von Guido Roos und Armin Hartmann und stimmt der vorgesehenen Massnahme zu.

Der Kantonsgerichtspräsident erscheint nach den Voten im Rat und nimmt Stellung zum Geschäft. David Roth wirft ihm und den bürgerlichen Räten vor, sich nicht seriös auf das Geschäft vorbereitet zu haben.

Diese Massnahme wird mit 54 zu 56 Stimmen ganz knapp abgelehnt!

 

Weiter geht es mit Traktandum 25  B 63 A Aufgaben- und Finanzplan (AFP) 2017–2020; Bericht und Entwürfe von Kantonsratsbeschlüssen – Kantonsratsbeschluss über den Aufgaben- und Finanzplan 2017–2020 des Kantons Luzern (Botschaft B 63)

Hier sind insgesamt 54 Anträge traktandiert. Ich bin Antragsteller beim Antrag 17 mit folgender Bemerkung:
Auf die Massnahme KP17, Nr. 3.24 (Reduktion Koordinationsstelle häusliche Gewalt 40 %), ist zu verzichten. Claudia Huser von der GLP stellte ebenfalls diesen Antrag. Hier mein Votum:

Never change a winning team! Das winning Team, die Koordinationsstelle häusliche Gewalt des Kanton Luzern, seit 10 Jahren ein Vorzeigeprojekt im Bereich Prävention von häusliche Gewalt schweizweit. Ein Projekt, dem andere Kantone nacheifern und auch am Aufbauen sind. Ein Projekt, das mehr hilft als manche gesetzliche Grundlage. Der runde Tisch, an dem sich alle involvierten Player treffen, austauschen, alleine um die häusliche Gewaltrate tief zu halten. Dieser Tisch, meine Damen und Herren, dieser Tisch soll nun bildlich gesprochen, von Ihnen zu Kleinholz zusammengeschlagen und entsorgt werden.
Das glaubt man kaum. Das sorgt für Kopfschütteln. Da längt mer sich a Chopf. Zwei Drittel aller Tötungsdelikte in der Schweiz liegen im Bereich häuslicher Gewalt. Da sind in Zahlen gesprochen 57 verübte Tötungsdelikte im 2015, davon 36 im Bereich häuslicher Gewalt, 8 davon an minderjährigen Personen.  Von allen weiteren körperlich- und seelischen Verletzungen reden wir schon gar nicht. Folgekosten im dreistelligen Millionenbereich für unsere Gesellschaft sind das Resultat.
Was die Präventionsarbeit im Bereich häuslicher Gewalt bedeutet, weiss ich aus eigener Erfahrung aus meiner Zeit als Co-Präsident vom Mannebüro Luzern, heute manne.ch, dem die Gewaltberatung von Mann zu Mann agredis unterstellt war.

Der rege Austausch zwischen den Gewaltberatern von agredis und mir vom Vorstand zeigte deutlich die Notwendigkeit einer solchen Präventionsstelle auf. Nicht umsonst bestehen Leistungsvereinbarungen mit allen Zentralschweizer Kanonen.
Ein Leistungsabbau in diesem Ausmass, wie er geplant ist, ist Lebensgefährlich. Lebensgefährlich für uns alle hier im Kanton Luzern. Denn niemand kann sicher sein, nicht einmal Opfer von häuslicher Gewalt zu werden.
Wir appellieren daher an Ihre Vernunft und Ihren Verstand, die Massnahme aus dem KP17, Reduktion Koordinationsstelle häusliche Gewalt um 40%, abzulehnen.  Denn nur in Koordination von Prävention, Polizei, Strafvollzug, Behörde, etc., können in vielen Fällen Delikte im Bereich häuslicher Gewalt verhindert werden. Nur so können die gesetzlich eingeführten Instrumente zur Bekämpfung der häuslichen Gewalt ihre volle Wirkung entfalten. Wir beantragen Ablehnung dieser Massnahme.
Was wir hier einsparen wollen, kostet uns an anderer Stelle ein Vielfachen an Geld und menschlichem Leid.

Und wie lautete wohl das Ergebnis der Abstimmung im Rat? Abgelehnt mit 74 zu 32 Stimmen bei 3 Enthaltungen! Ich verstehs nicht, wie man eine so wichtige Koordinationsstelle einfach bodigen kann.

Auch alle Anträge, die das Personal und die Lehrpersonen betrafen, wurden von bürgerlicher Seite durchgewunken. Linke Anträge hatten auch hier keine Chance.

Wir kamen bis Antrag 29. Morgen geht es weiter

 

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